Die biologische Reinigung der kommunalen Abwässer wird in Kläranlagen durch eine vielfältige Lebensgemeinschaft von Mikroorganismen, dem sogenannten Belebtschlamm, bewältigt. Jede dieser vielfältigen Mikroorganismengemeinschaften entwickelt sich auf der Grundlage der umgebenden Umweltfaktoren und liefert somit Hinweise auf besondere Betriebseigenschaften des Klärprozesses sowie auf die Qualität des zufließenden Abwassers.

Basierend auf Veröffentlichungen des Bayerischen Wasserwirtschaftsamtes in Deutschland in den 1980er Jahren wurde 1999 „Das mikroskopische Bild bei der biologischen Abwasserreinigung“ – bekannt als „Blaues Buch“ – veröffentlicht und wurde zum standardisierten Werkzeug zur Bestimmung der Mikroorganismen. Bestimmte Protozoen (insbesondere Ciliaten), einige Metazoen und charakteristische Fadenbakterien wurden als Indikatoren definiert, um den Betriebszustand der Kläranlagen durch die mikroskopische Belebtschlamm-Analyse zu beurteilen.

Dieses biologische Monitoring ergänzt die Analysen der chemisch-physikalischen Parameter, die Teil der regelmäßigen Eigenkontrolle der Kläranlagen sind. Die ermittelten Schlussfolgerungen ermöglichen beispielsweise den Nachweis eines stabilen Anlagenbetriebs oder weisen auf bestimmte Betriebsstörungen sowie auf geeignete Optimierungsmaßnahmen hin.

Im Laufe der Zeit veränderten sich die mikrobiellen Belebtschlamm-Gemeinschaften als Spiegelbild der erhöhten Anforderungen an den Klärbetrieb, beispielsweise durch die Einführung der biologischen Entfernung von Stickstoff (Nitrifikation/Denitrifikation) und Phosphor (biologische P-Eliminierung, „Bio-P“). Als Konsequenz mussten neue Indikatoren in das Bewertungsschema des „Blauen Buchs“ einbezogen werden. Dementsprechend wurde das „Blaue Buch“ grundlegend überarbeitet, basierend auf Daten und empirischen Erkenntnissen, die durch mikroskopische Belebtschlamm-Analysen in europäischen Ländern in den letzten Jahrzehnten gewonnen wurden.

Die 2022 publizierte Neuauflage des „Blauen Buchs“ umfasst 276 Seiten und enthält einen aktualisierten dichotomen Bestimmungsschlüssel, detaillierte Profile der Indikatororganismen und standardisierte Anleitungen zur Interpretation der Ergebnisse. Die Aufzeichnung der mikroskopischen Ergebnisse in einem neu entwickelten Excel-Tool beschleunigt die Auswertung und ermöglicht einen einfacheren und schnelleren Arbeitsprozess für den Laboralltag. Mit dieser Aktualisierung dient das „Blaue Buch“ weiterhin als Standardwerk zur Qualitätssicherung und Plausibilitätsprüfung der Messergebnisse im Rahmen der Eigenüberwachung kommunaler Kläranlagen.

Die gedruckte Version des neuen „Blauen Buchs“, das Excel-Tool und die Bewertungsbögen als zusätzliche Arbeitsmaterialien sind auf der Website des „Bayerischen Landesamts für Umwelt“ (ISBN 978-3-936385-98-4) verfügbar:

Als PDF-Version wird das “Blaue Buch  zum kostenlosen Downlowad  zur Verfügung gestellt:

https://www.bestellen.bayern.de/shoplink/lfu_was_00321.htm

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